Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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Nutzungsverträge aus DDR-Zeiten
Übersicht über die
Folgen des zum 3. Oktober 2015 auslaufenden Kündigungsschutzes für zu
DDR-Zeiten begründeten Nutzungsverhältnisse an Grundstücken
Zum 4. Oktober 2015 steht ein weiterer Schritt auf dem Weg
zur Anpassung des Rechts der DDR (ZGB) an die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(BGB) an, der durch zwei im Jahr 1994 in Kraft getretenen Gesetze, dem Schuldrechtsanpassungsgesetz
(SchuldRAnpG) und dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) geregelt
ist. Hintergrund der Notwendigkeit der Anpassung ist die Tatsache, dass nach
dem ZGB die bauliche Nutzung eines Grundstücks, d.h. die Bebauung mit einem
Gebäude, nicht an das Eigentum an dem Grundstück geknüpft war. Das Grundstück
wurde im Wege eines Nutzungsvertrages überlassen, ohne das Eigentum daran zu
übertragen. Das Grundstück konnte mit einem Gebäude bebaut werden, das im
Eigentum des Nutzers stand. Demgegenüber sieht das BGB zwingend vor, dass der
Eigentümer eines Grundstücks stets auch Eigentümer des mit dem Grundstück
verbundenen Gebäudes ist.
Durch das SchuldRAnpG wurde in seinem § 23 der Versuch
unternommen, durch unterschiedliche Kündigungsfristen den Interessen des
Nutzers an der Weiternutzung des Grundstücks und den Interessen des Grundstückseigentümers
an einer Eigennutzung gerecht zu werden. Mit dem 4. Oktober 2015 beginnt die
vierte und vorletzte Phase des Anpassungsprozesses. Ab diesem Tag können die
Nutzungsverträge nach Maßgabe der allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen
gekündigt werden; einer Rechtfertigung bedarf es nicht mehr. Für die Frage,
welche Voraussetzungen der allgemeinen Bestimmungen (insbesondere bzgl.
Kündigungsfristen) gelten, ist maßgeblich, ob es sich bei den Nutzungsverträgen
nach der Überführung in das System des BGB um Mietverträge oder Pachtverträge
handelt. Ein Pachtvertrag kann nur bis zum dritten Werktag eines halben Jahres
des Pachtjahres zum Schluss eines Pachtjahres gekündigt werden; ein Mietvertrag
bis zum dritten Werktag eines Monats zum Ende des übernächsten Monats.
Entscheidender Unterschied zwischen einem Pacht- und Mietverhältnis ist die Tatsache,
dass bei einem Pachtvertrag zusätzlich zur Gebrauchsüberlassung auch die sog.
Fruchtziehung, d.h. die Erträge und Erzeugnisse eines Grundstücks, z.B. die
Gartenbauerzeugnisse gestattet ist.
Nach einer wirksamen Kündigung des Vertrages fällt das
Eigentum an dem Gebäude in das Eigentum des Grundstückseigentümers; der nach
dem BGB vorgesehene Rechtszustand wird dadurch wieder hergestellt. Für den
Nutzer endet sowohl das Nutzungsrecht an dem Grundstück, als auch das Eigentumsrecht
an dem Bauwerk. Als Ausgleich für den Verlust des Eigentums hat der
Grundstückseigentümer den Nutzer mit dem Zeitwert des Bauwerks im Zeitpunkt der
Rückgabe des Grundstücks zu entschädigen. Dies setzt allerdings voraus, dass
das Gebäude gem. den Rechtsvorschriften der DDR errichtet war und dass der
Nutzer nicht Anlass zur Kündigung aus wichtigem Grund gegeben hat (z. B.
Zahlungsverzug). Der Zeitwert wird regelmäßig nach dem Sachwertverfahren ermittelt
und birgt einiges Konfliktpotential.
Außerdem kann der Nutzer eine Entschädigung verlangen,
soweit der Verkehrswert des Grundstücks durch das Bauwerk zum Zeitpunkt der
Rückgabe erhöht ist. Das kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insbesondere
dann in Frage, wenn ein bestandsgeschütztes Gebäude auf einem Grundstück
errichtet wurde, das an sich nicht zur Bebauung zugelassen ist (z.B.
Außenbereich). In diesem Fall kann die Entschädigung den Wert des Gebäudes auch
übersteigen. Der Nutzer ist auch zur Wegnahme des Bauwerks, d.h. zum
Abtransport berechtigt, was selten vorkommen wird. Außerdem kann der Nutzer eine
Entschädigung für Anpflanzungen verlangen. Schließlich kann der Nutzer auch
eine Entschädigung für sonstige Vermögensnachteile verlangen, die ihm durch die
vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses entstanden sind, wie etwa
Kosten für die Beschaffung einer Ersatzpachtfläche.
Die Entschädigung kann der Nutzer allerdings nur verlangen,
wenn der Eigentümer innerhalb der Investitionsschutzfrist kündigt. Diese
beginnt mit Ablauf der Kündigungsschutzfrist (3. Oktober 2015) und währt sieben
Jahre, also bis zum 3. Oktober 2022. Während der Investitionsschutzfrist kann
sich der Nutzer der Kündigung nicht mehr widersetzen, behält aber seinen
Anspruch auf Entschädigung. Nach Ablauf des 3. Oktober 2022 fällt das Eigentum
an dem Gebäude bei Kündigung entschädigungslos an den Eigentümer des
Grundstücks.
Zu betonen ist, dass es lediglich ein Recht des Eigentümers
zur Kündigung gibt. Solange der Eigentümer den Nutzungsvertrag nicht kündigt,
besteht er unbefristet fort. Aus Sicht eines Nutzers besteht also erst
Handlungsbedarf, wenn der Eigentümer von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht.
Der Nutzer auf der anderen Seite hat das Recht, das
Vertragsverhältnis jederzeit unter den allgemeinen gesetzlichen Bedingungen
(s.o.) kündigen. Kündigt er, kann er ebenso Entschädigungen nach den oben
dargestellten Grundsätzen verlangen.
Falls der Nutzer eine Kündigung durch einen Ankauf des
Grundstücks abwenden will, kann er dies unter den üblichen Voraussetzungen tun,
insbesondere muss der Grundstückseigentümer zustimmen, und der Preis muss frei
ausgehandelt werden.
Bei Vertragsbeendigung ist der Nutzer zwar nicht zum Abriss
des von ihm errichteten Bauwerks verpflichtet. Falls der Grundstückseigentümer
das Bauwerk abreißen lassen will, hat er jedoch die Hälfte der Abrisskosten zu
tragen, entweder
1. wenn
das Vertragsverhältnis von ihm beendet wurde oder
2. wenn nach Ablauf der Investitionsschutzfrist,
also nach dem 3. Oktober 2022 vom Grundstückseigentümer gekündigt wird oder
3. wenn das Vertragsverhältnis aus wichtigem
Grund (z.B. Zahlungsverzug) vom Grundstückseigentümer gekündigt wird oder
4. wenn der Grundstückseigentümer kündigt und
innerhalb eines Jahres nach Besitzübergang das Bauwerk abreißt. (Falls der
Eigentümer das Bauwerk also länger als ein Jahr nutzt, hat sich der Nutzer
nicht an den Abrisskosten zu beteiligen. Für die Übergangszeit besteht eine
gewisse Unsicherheit, die sich nur durch Rücksprache mit dem
Grundstückseigentümer vermeiden lässt). Der Grundstückseigentümer hat dem
Nutzer den beabsichtigten Abriss des Bauwerks rechtzeitig anzuzeigen, so dass
dieser dann die Beseitigung selbst vornehmen kann.
Zusammenfassend muss noch einmal betont werden, dass mit dem
Ablauf des 3. Oktober 2015 lediglich ein Kündigungsrecht besteht, d.h. es
ändert sich für den Nutzer dann nichts, wenn der Grundstückseigentümer nicht
kündigt; die zu DDR-Zeiten geschlossenen Nutzungsverträge gelten vielmehr
unverändert und unbefristet fort. Falls der Grundstückseigentümer kündigt,
bestehen folgende Möglichkeiten für den Nutzer:
1. Erwerb des Grundstücks vom
Grundstückseigentümer, was dessen Bereitschaft zur Übereignung voraussetzt;
2. Entschädigungsansprüche für den Verlust
des Eigentums an dem Bauwerk; ggf. müssen die hälftigen Kosten für einen Abriss
des Bauwerks übernommen werden;
3. Abschluss eines neuen, gewöhnlichen Miet-
oder Pachtvertrages über das Grundstück und das Gebäude (diese Möglichkeit
sollte jedoch erst nach einer Einigung über den Entschädigungsanspruch in
Erwägung gezogen werden).
Mit Ablauf des 3. Oktobers 2015 geht also kein Verlust von Vermögenswerten
einher, jedoch kann eine Kündigung das Ende des Nutzungsrechts an dem
Grundstück und dem Gebäude bedeuten. Ab dem 4. Oktober 2022 wird eine
gravierendere Rechtsänderung eintreten, da der Grundstückseigentümer dann
berechtigt sein wird, das Nutzungsverhältnis entschädigungslos zu kündigen und
im Falle eines Abrisses in jedem Fall die hälftigen Abrisskosten zu fordern.
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